Fast jeder dritte Mensch leidet Schätzungen zufolge mindestens einmal im Leben an einer psychischen Erkrankung. Doch während sich die Versorgung der Menschen mit Depressionen, Panik- oder bipolaren Störungen immer weiter verbessert hat, werden ihre Töchter und Söhne oft vergessen – obwohl gerade sie extrem belastet und hochgefährdet sind, selbst zu erkranken. Die Frage, wie man Kindern psychisch kranker Eltern hilft, stand daher im Mittelpunkt der Fachtagung des Bereichs Soziales, die von der internen Arbeitsgruppe Frühe Hilfen / Kinderschutz ausgerichtet wurde.
Gut drei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind vorübergehend, wiederkehrend oder dauerhaft von einer elterlichen psychischen Erkrankung betroffen. Diese Kinder tragen ein hohes Entwicklungsrisiko. Denn psychische Erkrankungen haben Auswirkungen auf die ganze Familie. Die Lebens- und Erfahrungswelt der betroffenen Kinder unterscheidet sich von denen ihrer gleichaltrigen Freunde. Häufig übernehmen sie innerhalb der Familie Verantwortung und bleiben mit ihren Fragen, Anliegen und Sorgen allein.
An der Fachtagung beteiligten sich gut 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Abteilungen Migration, Soziale Leistungen, Gesundheit, Jugend und Familie, besondere Leistungen für Kinder und Jugendliche sowie der Erziehungsberatung und aus dem Job-Center, die mit diesem Thema in ihrer Arbeit immer wieder konfrontiert werden. Den Blick auf die Kinder schärfte der Film „Wie sind hier“. Darin kommen Kinder und Jugendliche zu Wort und berichten über ihre Situation. Anschließend beschäftigten sich die Fachkräfte in einem Vortrag von Claudia Scharf (Verband Sozialtherapeutischer Einrichtungen VSE Lüneburg) mit der Situation Kinder psychisch kranker Eltern in der Praxis und möglichen Hilfen wie einem Gruppenangebot für Betroffene. Konkret und intensiv wurde im Anschluss in interdisziplinären Gesprächsrunden anhand eines vorgegebenen Fallbeispiels diskutiert. Daneben blieb genügend Zeit für die persönliche Begegnung. Dies erleichtert erfahrungsgemäß die Zusammenarbeit bei den Fällen.