Eine Negativspirale, die viele verzweifeln lässt. Im Krankenhaus Winsen hat sich mit der Interdisziplinären Multimodalen Schmerztherapie (IMST) eine stationäre Komplexbehandlungsform etabliert. Beim GesundheitsGespräch am Donnerstag, 30. Januar, 19 Uhr, stellt das IMST-Team im Krankenhaus Winsen das Behandlungskonzept vor.
Die IMST ist Teil der Abteilung für Orthopädie im Krankenhaus Winsen unter der Leitung von Chefarzt Dr. Heiner Austrup. Zum Team gehören eine Sportwissenschaftlerin für Rehabilitation, zwei Physiotherapeuten, drei Pain Nurses (Pflegekräfte für Schmerztherapie), zwei Ergotherapeutinnen, eine psychologische Psychotherapeutin, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Ärzte der Abteilung für Orthopädie. Geleitet wird das Team von Dr. Gabriele Heuschert und Drs. Thomas Weinschenk, beide Fachärzte für Anästhesie und Spezielle Schmerztherapie.
Die IMST-Therapeuten stehen täglich in engem Kontakt. Jedes Teammitglied ist ständig über alle Details informiert. „Wir begegnen unseren Patienten empathisch und ermutigend, denn während der Therapie sind sie in einer verletzlichen, sensiblen Situation“, so Drs. Weinschenk.
Über die Entstehung von Schmerz und darüber, wie ihm beizukommen ist, gibt es viele Vorurteile: „Die meisten Patienten glauben, allein körperliche Veränderungen seien Auslöser der Beschwerden, doch dem ist nicht so“, sagt Sportwissenschaftlerin Elisabeth Weißbach-Ruf, organisatorische Leiterin der IMST Winsen. Wissenschaftliche Forschung zeigt vielmehr, dass Schmerz ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren ist: Die Wahrnehmung des eigenen Körpers, erlernte Denkschemata und Verhaltensmechanismen sowie individuelle Bewältigungsstrategien spielen ebenso mit hinein wie die sozialen Beziehungen oder die berufliche Situation des Patienten. Schmerz ist ein multifaktorielles Geschehen. Multimodale Behandlungsprogramme berücksichtigen das. Mit nachhaltigem positivem Effekt, wie Studien mehrfach nachgewiesen haben.
Zielgruppe der IMST Winsen sind Patienten mit chronischen Schmerzen, die länger als drei Monate bestehen, und solche, bei denen die Beschwerden mindestens sechs Wochen anhalten und die Gefahr einer Chronifizierung besteht. Voraussetzung für die IMST-Behandlung ist eine Krankenhaus-Einweisung durch einen Haus- oder Facharzt. Außerdem muss der Patient sich darauf einstellen, einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen. Ein multiprofessionelles Team entscheidet nach Bewertung des Fragebogens und der Vorbefunde, ob der Patient zur interdisziplinären Diagnostik eingeladen wird, die Voraussetzung für die stationäre Aufnahme ist und etwa einen halben Tag in Anspruch nimmt. Wichtig: „Die Patienten sollten eine gewisse körperliche Belastbarkeit mitbringen und außerdem die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden“, betont Dr. Weinschenk.
Während eines dreiwöchigen stationären Aufenthalts werden die Teilnehmer in einer geschlossenen Gruppe von vier bis acht Patienten interdisziplinär behandelt und erhalten Einzel- und Gruppentherapien. Für jeden Teilnehmer wird ein individuelles Programm entworfen, das genau an seinen Beschwerden ansetzt.
„Unser Ziel ist es, den Schmerz unserer Patienten zu linden und sie aus Schonhaltung und sozialem Rückzug herausführen“, so Dr. Heuschert. Dazu gehört, die eigenen Stärken und Ressourcen zu erkennen und zu nutzen. Zu lernen, was guttut und was nicht, die individuellen Leistungsgrenzen zu akzeptieren und so Belastungen besser dosieren zu können. Als weitere Effekte der dreiwöchigen Behandlung angestrebt werden die Harmonisierung von Biorhythmen und Schlaf sowie die Verbesserung der körperlichen Leistungskraft in den Bereichen Koordination, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer. „Jeder Teilnehmer verlässt die Behandlung positiv verändert“, so Drs. Weinschenk, der in Winsen bisher 48 Schmerzpatienten erfolgreich behandelt hat.
Die Abteilung für Orthopädie im Krankenhaus Winsen füllt mit der IMST eine Versorgungslücke in Nordostniedersachsen. Das stationäre IMST-Angebote soll nun erweitert werden, um mehr Patienten eine Behandlungsmöglichkeit zu geben.